Selbstbestimmung im Alltag -
So funktioniert der Wohnbeirat

„Die anderen Bewohner*innen wissen, dass sie mit allen Problemen zu mir kommen können. Deshalb haben sie mich wohl gewählt.“ David Sarpoushan ist seit letztem Jahr Vorsitzender des Wohnbeirats für die Hausgemeinschaft Hinterm Graben in Bergedorf. Weil er sich auskennt und schon seit 2013 hier lebt, meint er.

Entsprechend dem Hamburgischen Wohn- und Betreuungsqualitätsgesetz (HmbWBG)* wählt jede Hausgemeinschaft einen Wohnbeirat, der die Rechte und Interessen der Bewohner*innen vertritt. Dieser besteht aus dem beziehungsweise der ersten Vorsitzenden und einer Vertretung. In regelmäßigen Abständen organisieren diese eine Austauschrunde für alle Mitbewohner*innen.

Besprochen werden zum Beispiel gemeinsame Freizeitaktivitäten, die Planung von Festen, und so weiter. „Oft wird der Kreis aber auch nur als Anlass zum gemeinsamen Kaffeetrinken genutzt“, so Julian Mellentin, Assistenzteamleitung Hinterm Graben. „Auch das ist in Ordnung, solange es keinen akuten Anlass zur Beschwerde gibt.“

Jeden zweiten Monat findet zusätzlich ein großer Austausch mit allen Wohnhäusern aus der Region statt. Moderiert wird das Treffen vom Beiratssprecher, der von Michael Ollech, Fachdienst für Erwachsenenbildung, unterstützt wird. Nicht alle Teilnehmer*innen sind so fit wie David Sarpoushan, deshalb werden sie bei Bedarf von Mitarbeitenden aus den jeweiligen Assistenzteams begleitet. „Wichtig ist jedoch, dass die Klient*innen für sich selbst beziehungsweise ihre Hausgemeinschaft sprechen“, so Ollech.

So ein Austausch kann schon mal mehrere Stunden dauern – je nachdem, was auf der Tagesordnung steht und wie viele Diskussionspunkte es gibt. Gerade in Krisensituationen wie der Corona-Pandemie ist eine Institution wie der Wohnbeirat unerlässlich. Denn wo Veränderungen stattfinden – im letzten Jahr besonders viele – da entstehen oft auch Unzufriedenheiten. „Es ist wichtig, dass wir als Dienstleister den Klient*innen eine Stimme geben und nicht über ihren Kopf hinweg entscheiden“, erklärt Nadine Bollmann aus dem Assistenzteam Hinterm Graben.

Wohnbeiräte soll es laut Gesetzgebung in jeder Wohneinrichtung geben. Praktisch hängt die Umsetzung natürlich auch vom Einsatz der Bewohner*innen ab. „Nicht überall ist man so engagiert wie bei uns“, lacht Julian Mellentin. „Wir sind aber froh, dass unsere Klient*innen ihre Probleme deutlich benennen und zusammen mit dem Team nach konstruktiven Lösungen suchen.“

 

* bzw. dem Niedersächsischen Heimgesetz (NHeimG)